Wärmenetze durch eine Wärmegenossenschaft umsetzen
Mit der Wahl des Betreibermodells stellen sich für die Kommune die Fragen, welchen Einfluss sie behalten will, wer die wirtschaftliche Verantwortung trägt, inwiefern Bürgerinnen und Bürger beteiligt und wie die Investitionen gestemmt werden sollen. Auf dieser Seite stellen wir Ihnen das Modell „Wärmegenossenschaft“ (eingetragene Genossenschaft – eG) näher vor – mit seinen typischen Merkmalen, Vorteilen und Herausforderungen.

Was ist eine Wärmegenossenschaft?
Eine Wärmegenossenschaft ist eine Form der gemeinschaftlichen Energieversorgung, bei der mehrere Haushalte oder Gebäude gemeinsam eine zentrale Wärmequelle nutzen, um ihre Heiz- und Warmwasserversorgung sicherzustellen. In einer solchen Gemeinschaft schließen sich mehrere Personen zusammen, um zusammen eine effiziente und oft auch umweltfreundlichere Energiequelle wie Geothermie, Solarthermie oder Biomasse zu nutzen. Das Wärmenetz ist Eigentum der Genossenschaft. Neben der zentralen Wärmeversorgung sind auch weitere Zwecke möglich, wie z.B. eine gemeinsame Beschaffung von Wärmepumpen, auf die in diesem Text aber nicht genauer eingegangen wird.
Welche Ziele verfolgt eine Wärmegenossenschaft?
Wärmegenossenschaften verfolgen in erster Linie gemeinwohlorientierte Ziele und stellen die Bedürfnisse ihrer Mitglieder in den Mittelpunkt, statt auf Gewinnmaximierung abzuzielen. Durch Mitbestimmung und finanzielle Beteiligung schaffen sie eine hohe Akzeptanz und stärken so das gemeinsame Engagement für eine nachhaltige Wärmeversorgung. In der Regel wird der Wärmepreis so kalkuliert, dass keine großen Gewinne erwirtschaftet werden, dies ist ein Unterschied zu den meisten Stromgenossenschaften. Sollte es doch Gewinne geben, können die in die Rücklage gehen oder über eine genossenschaftliche Rückvergütung zurück an die Mitglieder fließen. Über die Verwendung entscheiden die Mitglieder in der Generalversammlung.
Wer kann eine Wärmegenossenschaft gründen oder darin Mitglied sein?
Grundsätzlich kann jede natürliche oder juristische Person Mitglied einer Wärmegenossenschaft werden. Das bedeutet, sowohl Einzelpersonen als auch Kommunen, Unternehmen, Vereine oder andere Organisationen können sich beteiligen. Die genauen Aufnahmebedingungen und die Art der Mitgliedschaft werden in der Satzung der jeweiligen Genossenschaft festgelegt.
Wem gehört eine Wärmegenossenschaft und wer leitet sie?
Genossenschaften sind eine kooperative Rechtsform und gehören den Mitgliedern, sind also nicht für eine alleinige Unternehmensleitung geeignet. Die Mitglieder haben je eine Stimme, unabhängig von der Höhe der Anteile (DGRV 2025). Selbstverantwortung und Selbstverwaltung sind zentrale Merkmale von Wärmegenossenschaften, wobei Mitglieder als Miteigentümerinnen nur mit ihrem eingebrachten Genossenschaftskapital haften.
Andere Formen der gesellschaftlichen Wärmeversorgung
Es gibt neben der Organisation als Genossenschaft weitere Möglichkeiten der gemeinschaftlichen Wärmeversorgung. Zu den möglichen Rechtsformen gehören:
- Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH)
- Kommanditgesellschaft (KG), GmbH & Co. KG
- BGB-Gesellschaft (GbR)
- Offene Handelsgesellschaft (oHG)
- Verein (e.V.) (zumindest für den Start)
- Aktiengesellschaft (AG)
- UG & Co. KG
Beteiligung von Genossenschaften in der KWP
Gemäß WPG sollen bestehende Genossenschaften frühzeitig und fortlaufend beteiligt werden, wenn sie bereits Betreiber von Energieversorgungs- oder Wärmenetzen sind oder als zukünftige Betreiber in Betracht kommen (§7 Abs. 2 WPG).
Namentlich genannt werden Erneuerbare-Energie-Gemeinschaften in der Kann-Bestimmung, einen Absatz weiter im selben Paragrafen, wonach die Kommune insbesondere Erneuerbare-Energie-Gemeinschaften im Sinne des Artikels 2 Satz 2 Nummer 16 der Richtlinie (EU) 2018/2001 [beteiligen kann], „sofern deren Interessen durch die Wärmeplanung erheblich berührt werden oder deren Beteiligung für die Durchführung der Wärmeplanung einen erheblichen Mehrwert bietet“ (§ 7 Abs. 3 Nr. 7 WPG).
Weitere Vorgaben zum Einbezug von Erneuerbare-Energie-Gemeinschaften sind in §§ 18 und 21 WPG zu finden.
Grundsätzlich gilt: auch unabhängig von gesetzlichen Vorgaben ist es für die Kommune ratsam, dass Genossenschaften frühzeitig in den Prozess der KWP eingebunden werden, da sie lokales Wissen und Verständnis der Akteure haben.
Eignet sich das Genossenschaftsmodell für mein Vorhaben?
Eine erste Orientierung zur Frage, ob die eingetragene Genossenschaft (eG) die passende Rechtsform ist, kann Ihnen der Test des Deutschen Genossenschafts- und Raiffeisenverband e.V. geben.
Bei der Wahl der passenden Rechtsform kann auch das Bündnis Bürgerenergie (BBen) unterstützen. Auch bei der jeweiligen Landesenergieagentur oder (falls vorhanden) regionalen Energieagentur kann nachgefragt werden, ob sie Unterstützung anbieten.
In ländlichen Gebieten sind Energiegenossenschaften vor allem beim Betrieb von Biogasanlagen zur Stromerzeugung schon länger üblich, wobei das anfallende Biomethan für ein Gasnetz oder die anfallende Abwärme für ein Wärmenetz genutzt werden konnte. Häufig wurden diese von Landwirtinnen und Landwirten betrieben In den letzten Jahren entstehen vermehrt Wärmegenossenschaften auch im städtischen Raum, sowohl in Kleinstädten (KWW-Praxisblick: Eschwege) als auch in größeren Städten (Beispiel kliq eG in Berlin). Zunehmend kommen bei neu entstehenden Wärmegenossenschaften (sowohl ländlich als auch städtischer gelegen) auch weitere Wärmequellen in den Fokus, wie Solarthermie und Geothermie. Zukünftig wird mit der Neugründung von weiteren Genossenschaften und innovativen Konzepten gerechnet, die aus der Identifizierung von Wärmenetzpotenzialen im Rahmen der Kommunalen Wärmeplanung entstehen können.
Wie ist eine Wärmegenossenschaft strukturiert?
Die Abbildung zeigt das Zusammenspiel von Genossenschaft, Wärmenetz und Mitgliedern (eigene Darstellung nach DGRV). So sieht die Struktur im Detail aus:
Wärmegenossenschaft als Betreiberin
- Planung & Projektentwicklung durch eG oder beauftragtem Ingenieurbüro;
- Finanzierung durch eG;
- Bau & Inbetriebnahme durch eG oder beauftragtem Ingenieurbüro;
- Betrieb, Wartung & Abrechnung sowie Kundenservice durch eG.
- Hinweis: Es wird empfohlen, im späteren Betriebsverlauf je nach Größe eine hauptamtliche Person in Teilzeit für die Geschäftsführung der Genossenschaft einzustellen.
Eigentum
- Netz und Anlagen befinden sich im Eigentum der Genossenschaft.
- Flächen für die Erzeugungsanlage können erworben oder gepachtet werden.
Verträge
- Wärmelieferverträge mit den Endkunden, bzw. Mitgliedern der Genossenschaft (Haushalte, öffentliche Gebäude, Gewerbe)
Laufzeit
- in der Regel sind 10 Jahre vertraglich festgelegt, gemäß § 32 (1) AVBFernwärmeV.
- Verlängerungen sind möglich (siehe Abschnitt zur Finanzierung).

Wozu dient ein Prüfungsverband bzw. Genossenschaftsverband?
Jede Genossenschaft muss einem Verband angehören, dem das Prüfungsrecht verliehen ist (Prüfungsverband) (§ 54 Genossenschaftsgesetz). Prüfungsverbände sind selbst als Verein organisiert und begleiten Genossenschaften bei der Gründung und können sie bspw. auch bei der Erarbeitung eines Geschäftsplans beraten.
Der Begriff Genossenschaftsverband ist nicht im Genossenschaftsgesetz verankert und wird in der Praxis oft synonym zum Prüfungsverband genutzt. Die Genossenschaft kann sich selbst für einen Prüfungsverband entscheiden.
Wärmegenossenschaften gründen
Was sind die Voraussetzungen für eine Wärmegenossenschaft?
Es gibt aus organisatorischer Perspektive vier wesentliche Voraussetzungen für eine erfolgreiche Wärmeversorgung durch eine Genossenschaft. Die angeführten Punkte gelten gleichermaßen für eine bestehende wie für eine neu zu gründende Genossenschaft:
Aktive Bürgerinnen und Bürger bringen Interesse, Zeit und die Bereitschaft zur Verantwortungsübernahme mit. Denn gerade in der Anfangsphase wird viel Zeit und ehrenamtliches Engagement benötigt.
Die Kerngruppe verfügt bestenfalls über vielfältige Kompetenzen (Recht, Finanzen, Kommunikation, etc.), die Sie in das Projekt einbringen können. Sind diese Kompetenzen nicht vorhanden bedeutet das jedoch keinesfalls das Aus des Projekts, denn es gibt vielfältige Angebote zum Aufbau von Wissen.
Es ist ratsam, als Genossenschaft ausreichend Eigenkapital mitzubringen. Zwar gibt es keine Vorgaben zum Eigenkapital wie beispielsweise bei einer GmbH, dennoch ist bei einem geringeren Eigenkapital das wirtschaftliche Risiko größer. Zudem stellt auch die Bank eine gewisse Eigenkapitalforderung. Die Entscheidung über die Verteilung liegt bei der Genossenschaft. Grundsätzlich sind die Finanzierungsbedingungen für Genossenschaften aufgrund ihres geringes Ausfallrisikos sehr gut.
Der Rückhalt der Kommune zum Projekt ist der einzige, auf den die Kommune vollumfänglich Einfluss nehmen kann. Die Unterstützung beginnt dabei, einen Raum für Treffen zur Verfügung zu stellen, reicht darüber kommunale Liegenschaften anschließen zu lassen und somit selbst Genossenschaftsmitglied zu werden, bis hin zur Unterstützung der Öffentlichkeitsarbeit.
Wie wird eine Genossenschaft gegründet?
Für die Gründung einer Genossenschaft bedarf es mindestens drei Gründungsmitglieder, einer Satzung sowie eines Geschäftsplans. Verschiedene Akteure bieten Musterdokumente und Unterstützung bei der Gründung an (siehe „weiterführende Informationen“).
Ist es sinnvoll, eine bestehende Stromgenossenschaft um den Zweck der Wärmeversorgung zu ergänzen?
Eine Neugründung ist nicht immer erforderlich. Bereits etablierte Genossenschaften aus dem meist EEG-geförderten Stromsektor können auch im Wärmebereich aktiv werden. Grundsätzlich ist hier empfehlenswert, sich frühzeitig Gedanken zu machen, ob die Genossenschaft zukünftig noch größer werden soll, um sie dementsprechend zu strukturieren und die Gremien und die Satzung entsprechend aufzusetzen.
Besteht bereits eine Stromgenossenschaft und soll das Geschäftsfeld Wärme neu hinzukommen, entscheiden die Mitglieder darüber, ob das neue Vorhaben innerhalb der bestehenden Genossenschaft umgesetzt wird oder ob dafür eine separate Projektgesellschaft gegründet werden soll. Überschneiden sich die Mitgliedschaften beider Projekte weitgehend, kann das Wärmeprojekt in der bestehenden Genossenschaft realisiert werden. Andernfalls ist es empfehlenswert, das Wärmeprojekt auszugliedern – zum Beispiel in Form einer GmbH oder GmbH & Co. KG als Tochtergesellschaft. Eine klare Trennung der Projekte in eigenen Gesellschaften kann auch bei der Zusammenarbeit mit Banken von Vorteil sein.
Vorteile & Herausforderungen von Wärmegenossenschaften
| Vorteile einer Wärmegenossenschaft | Herausforderungen einer Wärmegenossenschaft |
Akzeptanz, Transparenz, Mitbestimmung: Genossenschaften genießen in der Regel ein hohes Vertrauen und werden von den Bürgerinnen und Bürgern als Partnerin auf Augenhöhe wahrgenommen. | Projektentwicklungskosten stemmen |
Die Genossenschaft ist eine gute Partnerin auf Augenhöhe der Kommune. Dies ist ein wichtiger Faktor für die Akzeptanz und somit Anschlussquote, was sich auf die Wirtschaftlichkeit des Projekts auswirkt. | abhängig vom Engagement der Mitglieder bzw. Kerngruppe, vor allem in der Anfangsphase |
Förderung der Selbstwirksamkeit und gemeinsame Gestaltung der Region, Motto: „Wir nehmen unsere Energieversorgung selbst in die Hand.“ | Qualifizierung des ehrenamtlich arbeitenden Organisationsteams |
Nachhaltiges Wirtschaften und regionale Wertschöpfung: Die Einbindung der lokalen Akteure und Netzwerke, kann Kosten senken. Außerdem bleibt dadurch die Wertschöpfung größtenteils in der Region. | langwierige Entscheidungsprozesse |
hohe Insolvenzsicherheit durch regelmäßige Prüfungen | Ggf. müssen Bürgerinnen und Bürger von der Projektform Genossenschaft und vom geplanten Konzept überzeugt und aktiviert werden. |
Es gibt meist keine hohe Renditeerwartung, weil die Eigenversorgung im Fokus steht. Das ermöglicht günstigere Wärmepreise oder den Betrieb eines Netzes in Umgebungen, die privatwirtschaftliche Renditeerwartungen nicht erfüllen würden. | Banken von Professionalität des Projekts überzeugen |
Genossenschaften können sich, basierend auf den Wünschen der Mitglieder weiterentwickeln. Sie übernehmen dann beispielsweise weitere Aufgaben der Daseinsvorsorge. | Finanzierung kann insb. für neu gegründete eGs herausfordernd sein, wenn Banken noch wenig Vorerfahrungen mit Genossenschaften gesammelt haben |
keine Mindesthöhe bei Eigenkapital für Gründung der Genossenschaft | gesetzliche und bürokratische Anforderungen erfüllen |
bisher mangelnde Wahrnehmung als Akteur im Rahmen der KWP |
Wie können Kommunen beim Aufbau einer Wärmegenossenschaft unterstützen?
Die Kommune hat drei wesentliche Handlungsmöglichkeiten, um neue Wärmenetze generell zu unterstützen:
- Projekte initiieren, indem sie geeignete Rahmenbedingungen schafft und aktiv Anstöße gibt;
- in Projekte investieren, indem sie sich finanziell beteiligt und Mittel bereitstellt; sowie
- Projekte flankieren, indem sie Projekte in allen Phasen begleitet und mit kommunalen Ressourcen unterstützt (dena 2023).
Bei der Gründung von Genossenschaften zum Betrieb eines Wärmenetzes stellen sich diese Optionen wie folgt dar:
- Eine Kommune kann zunächst den örtlichen Wärmebedarf sowie vorhandene Potenziale identifizieren beispielsweise in der Kommunalen Wärmeplanung sowie anhand von bestehenden Stadtentwicklungs- und Klimaschutzkonzepten. Um fundierte Entscheidungsgrundlagen für mögliche Investitionen zu schaffen, ist ein qualitativ hochwertiger Wärmeplan hilfreich.
- Die Kommune beauftragt Machbarkeitsstudien. Dafür kann auf bestehende Förderprogramme (BEW-Modul 1) zurückgegriffen werden.
- Sobald sich Wärmenetzgebiete abzeichnen, werden oft sogenannte Voruntersuchungen oder Vorstudien bei Ingenieursbüros beauftragt, dies kann die Kommune übernehmen. Voruntersuchungen sind weniger umfangreich als Machbarkeitsstudien. Sie haben das Ziel, mit geringerem finanziellem und zeitlichem Aufwand die Gebiete mit dem höchsten Umsetzungspotenzial zu identifizieren. Dies trifft vor allem dann zu, wenn die Qualität des Wärmeplans für die Einschätzung der Frage nicht ausreicht.
- Falls noch kein Wärmeplan vorliegt, können Potenziale für Wärmenetze oft durch die Existenz von Neubaugebieten oder Gasnetzen identifiziert werden. Die Kommune kann eine aktive Rolle bei der Vernetzung übernehmen, indem sie den Kontakt zu potenziellen Betreibern wie bestehenden Energiegenossenschaften initiiert. Bei Bedarf kann sie als Moderatorin zwischen Bürgerinnen und Bürgern sowie Akteuren aus der Wohnungswirtschaft und dem Gewerbe fungieren.
- Zur Gründung von Genossenschaften können verschiedene Institutionen beratend zur Seite stehen. Bestehende Wärmegenossenschaften sollten frühzeitig durch die Kommune kontaktiert werden, um deren Interesse an der Netz-Erweiterung oder dem Neubau zu ermitteln und somit Synergieeffekte zu nutzen. Dabei ist es wichtig, die ehrenamtliche Arbeit der aktiven Mitglieder zu würdigen und gemeinsam mögliche weitere Schritte zu besprechen.
- Eine Kommune kann durch eigene Öffentlichkeitsarbeit in Form von Informationsveranstaltungen das Projekt bekannt machen und die Anschlussbereitschaft zu erhöhen.
- Die Kommune kann als Ankerkundin auftreten oder weitere kommunale Einrichtungen zur Wärmeabnahme einbinden, um dem Projekt wirtschaftliche Stabilität zu geben.
- Die Kommune sollte ausreichend Haushaltsmittel für Projekte einplanen, damit die Finanzierung zeitig gesichert ist.
- Die Kommune kann zur Investitionssicherung einer Wärmegenossenschaft beitragen, indem sie über Ausfallbürgschaften oder durch Landesfonds eine Risikominimierung für Projektträger ermöglicht.
- Für neu gegründete Genossenschaften ist die Finanzierung von Vorleistungen – insbesondere einer Machbarkeitsstudie – oft eine Hürde. Hier spielt die Kommune eine zentrale Rolle: Sie kann die Studie vorfinanzieren und weitere Planungskosten, etwa für Trassenerschließung oder begleitende Aktivierungsmaßnahmen, mittragen. Eine Rückerstattung durch die Genossenschaft kann erfolgen, sobald der Betrieb aufgenommen wurde.
- Als Mitglied einer Wärmegenossenschaft schließt die Kommune ihre Liegenschaften an das Wärmenetz an. Kommunen können sich somit finanziell beteiligen, ohne operative Verantwortung zu übernehmen, und dabei die Partizipation der Anwohnenden durch das Modell fördern.
- Kommunen können Wärmegenossenschaften bei der Beantragung von Fördermitteln, beispielsweise aus dem Bundesprogramm effiziente Wärmenetze (BEW), unterstützen und so die Finanzierung erleichtern.
- Eine weitere Möglichkeit ist, dass die Kommune die Wärmenetze baut und den Bau der Erzeugungsanlage sowie Betrieb an eine Genossenschaft verpachtet. Die eG übernimmt dann die eigentliche Wärmeversorgung, sowie die technische und organisatorische Betriebsführung.
- Die Kommune kann transparente Vergabeverfahren oder Konzessionierungsverfahren gestalten, in denen neben wirtschaftlichen auch ökologische und soziale Kriterien berücksichtigt werden.
- Vertragliche Rahmenbedingungen können die Qualität und Nachhaltigkeit der Versorgung langfristig sichern, etwa in Bezug auf Versorgungssicherheit, Preisgestaltung, ökologische Standards oder Monitoringpflichten.
- Eine Kommune kann den Zugang zu Grundstücken und öffentlichen Wegen erleichtern, beispielsweise durch die Bereitstellung geeigneter Flächen für Energieanlagen oder Trassen sowie durch die Beschleunigung von Genehmigungsverfahren.
- Ausfallrisiken (insbesondere bei Abwärme) können zum Beispiel durch den Kontakt zu Landesfonds oder kommunalen Bürgschaften (Bürgschaftsprogramm Wärmenetze Land Schleswig-Holstein) abgefedert werden.
- Die kommunale Satzung kann angepasst werden. Eine Fernwärmesatzung oder ein Anschluss- und Benutzungszwang (Zulässigkeit vorausgesetzt) unterstützen gezielt den Ausbau und die Nutzung von Wärmenetzen.
Wie kann der Aufbau und Betrieb eines Wärmenetzes finanziert werden?
Wärmegenossenschaften ermöglichen es Bürgerinnen und Bürgern, sich aktiv an der lokalen Wärmewende zu beteiligen – doch damit übernehmen sie auch Verantwortung für Finanzierung und Betrieb der Infrastruktur. Eine solide Kapitalstruktur ist dabei entscheidend, denn sie beeinflusst nicht nur die Wirtschaftlichkeit des Vorhabens, sondern auch die Kreditwürdigkeit gegenüber Banken und Fördergebern.
Die Gewichtung von Eigen- und Fremdkapital ist abhängig von der Größe der Genossenschaft und vom Wunsch der Mitglieder. Die Bonität wird vom Finanzierungspartner in der Regel besser eingestuft, wenn zumindest ein Teil aus eigenen Mitteln finanziert werden kann. Dies hat einen positiven Effekt auf den Zinssatz. Grundlage ist immer ein Wirtschaftsplan.
Gut zu wissen!
Für die Finanzierung von Wärmenetzen sind langfristige Einnahmesicherheiten wichtig – insbesondere für die Kreditvergabe. Die AVBFernwärmeV regelt in § 32 Abs. 1 grundsätzlich die Laufzeit von Wärmelieferverträgen auf maximal zehn Jahre.
Eine längere Laufzeit ist jedoch möglich. Hierfür muss der Wärmeanbieter dem Kunden eine echte Wahlmöglichkeit lassen zwischen dem Standardvertrag und einer Variante mit längerer Laufzeit (vgl. OLG Köln Az. 5 U 28/14). Dies kann die Planungssicherheit erhöhen und die Finanzierung erleichtern.

Einnahmen aus dem Wärmeverkauf
Die laufenden Einnahmen aus Wärmeverkauf und ggf. Anschlussgebühren bilden die Basis für die Rückzahlung von Krediten und Kapital. Die Refinanzierung erfolgt über Nutzungsentgelte, wobei die AVBFernwärmeV eine maximale Vertragslaufzeit von zehn Jahren vorsieht.
Quellen für Eigenkapital
- Direktbeteiligung über Genossenschaftsanteile, meist in Höhe von 500 bis 10.000 Euro pro Person.
- Hinweis: Eine niedrigere Mindesteinlage senkt die Hürde für den Beitritt von Haushalten mit geringerem finanziellem Spielraum.
- Nicht-Mitglieder können Genossenschaften nur in Ausnahmefällen Kapital zur Verfügung stellen. Dies geschieht vor allem über Nachrangdarlehen oder Sonderlösungen. Dafür sind meist rechtliche Prüfungen und individuelle Satzungsregelungen nötig.
- flexible Laufzeiten, meist mit etwa zwei bis vier Prozent Verzinsung je nach Laufzeit, Projektrisiko und Ausgestaltung der Darlehen
- Kommune ist Genossenschaftsmitglied und bringt Kapital oder auch Grundstücke ein
- Kapital kann auch in Form von vergünstigten Leitungsrechten oder Planungshilfe eingebracht werden.
Quellen für Fremdkapital
- Bundesförderung für effiziente Wärmenetze (BEW): Mit der BEW wird der Neubau von Wärmenetzen mit hohen Anteilen erneuerbaren Energien sowie die Dekarbonisierung von bestehenden Netzen gefördert. Auch Energiegenossenschaften und Genossenschaften in Gründung (iG) sind antragsberechtigt. Die BEW-Förderung ist besonders wichtig zur Reduktion der Anfangsinvestitionen.
- KfW Kredit Nr. 270 Erneuerbare Energien – Standard: Der Förderkredit für Strom und Wärme der KfW.
- Landesprogramme: bitte individuell prüfen, da die Fördermöglichkeiten je nach Bundesland unterschiedlich ausgestaltet sind (Informationen zu Ihrem Bundesland)
Gut zu wissen!
Die Finanzierung kann insbesondere für neu gegründete Genossenschaften herausfordernd sein, da viele Banken noch keine oder wenig Erfahrung in der Finanzierung von Wärmenetzen haben. Eine professionelle Planung trägt dazu bei, das Vertrauen der Banken zu gewinnen und sie von der Umsetzbarkeit des Projekts zu überzeugen. Hierbei kann ein erfahrenes Ingenieurbüro zur Versicherung der technischen Machbarkeit hinzugezogen werden und auch der Prüfungsverband kann seine Genossenschaften unterstützen.
Das KWW bietet eine Übersicht potenzieller Dienstleister an und ermöglicht es Kommunen damit, die Anbieter basierend auf ihren Anforderungen nach Leistungsspektrum und Region zu filtern.

Praxisbeispiele
Die BEG Kraichgau betreibt in Mauer ein Nahwärmenetz, das mit 100 Prozent erneuerbaren Energien betrieben wird. Das Netz bezieht die benötigte Wärme aus der Verbrennung von Holzpellets und der Nutzung von Solarthermie. In der Spitze wird das Netz über einen neuen Gasbrennwertkessel mit Wärme versorgt.
Die BEG Kraichgau besteht bereits länger und war aktiv im PV-Bereich, somit ist sie ein Beispiel für die Geschäftsfelderweiterung von Photovoltaik auf Wärme.
In der Schwarzwaldgemeinde Pfalzgrafenweiler gründeten Bürger im Jahr 2009 eine Genossenschaft um ihre Mitglieder mit günstiger, unabhängiger und umweltfreundlicher Wärme zu versorgen. Das Nahwärmenetz umfasst mittlerweile über 42 Kilometer und versorgt über 722 Haushalte mit Wärme. Das sind ein Großteil der privaten Haushalte im Ort sowie zahlreiche öffentliche Gebäude wie Rathaus, Kindergarten, Schulzentrum, Altenheim und Hallenbad.
Gewonnen wird die erneuerbare Heizwärme aus einem Holzhackschnitzelwerk, einer Biogasanlage und mehreren Blockheizkraftwerken. Weitere Standbeine der Genossenschaft kamen über die Zeit hinzu und umfassen den Vertrieb von Strom sowie ein eigenes Mobilitätsangebot mit Carsharing und Ladestationen, das überschüssigen Strom nutzen kann.
Die EGIS eG betreibt in Bundorf ein innovatives Fernwärmesystem. Die Anlage besteht aus einer Heizzentrale mit Luftwärmepumpen, einem Biomassekessel und einem 1.600 Meter langen Wärmenetz. Ein Teil eines anliegenden 125 MW starken Solarparks liefert 1,5 MW Strom für die nachhaltige Wärmeversorgung. Über 20 Haushalte sowie öffentliche Gebäude sind bereits angeschlossen.
Die Gemeinde Königsmoos hat für die beiden Neubaugebiete Bitterwolf und Kirchfeld mit insgesamt über 70 Einfamilienhäusern ein nahezu klimaneutrales Energiekonzept umgesetzt. Um dieses Vorhaben zu verwirklichen, wurde 2020 eine Bürgerenergiegenossenschaft gegründet, bei der sich die Anwohnenden aktiv an der Umsetzung der Energiewende einbringen können.
Mit der Kombination von Erdwärme, dezentralen PV-Anlagen und Sole-Wasser-Wärmepumpen, eingebunden in ein kaltes Nahwärmenetz, wird ein Anteil von über 75 Prozent erneuerbarer Energien für die Energieversorgung erreicht.
Im Berliner Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf hat sich die nahwärme-eichkamp.berlin eG gegründet. Das Ziel: die Siedlung Eichkamp über ein Nahwärmenetz mit regenerativer Wärme versorgen. Die Genossenschaft plant, das Quartier in mehreren Bauabschnitten mit kalter Nahwärme zu versorgen. Die Haushalte sollen mit dezentralen Wärmepumpen ausgestattet werden, die die kalte Nahwärme auf das in den Gebäuden nötige Temperaturniveau zu heben.
Im Berliner Ortsteil Zehlendorf verfolgt die Genossenschaft kliQ-Berlin eG die Förderung eines klimafreundlichen Quartiers im sozialen und ökologischen Sinne. Dies schließt auch die Wärmeversorgung mit ein, für die ein kaltes Nahwärmenetz mit Geothermie in der Bestandssiedlung genutzt werden soll.
Im Rauschendorfer Stadtteil Bracht plant, baut und betreibt die Genossenschaft Solarwärme Bracht eG ein Nahwärmenetz mit Erdbeckenspeicher und 70 Prozent solarer Deckung.
In der Gemeinde Oberhone im Landkreis Witzenhausen plant eine Genossenschaft den Bau einer Nahwärmeversorgung. Die Genossenschaft übernimmt die Planung, den Bau und den Betrieb des Wärmenetzes und der Wärmeerzeugung.
Die Initiative entstand aus dem Kommunalen Wärmeplan. Die Gemeinde selbst verfügt nicht über ausreichende personelle Kapazitäten für die Umsetzung eines Wärmenetzprojekts. Unterstützung erhält die Genossenschaft unter anderem von den Stadtwerken.
Die Gemeinden Hürup, Masbüll und Hüsby haben sich der Klimafreundlichkeit verschrieben, hatten aber selbst keine personellen Kapazitäten für einen Wärmenetzbau und -betrieb. Somit gründete sich aus einer bestehenden Bürgerinitiative zur Förderung der Nachhaltigkeit vor Ort eine Wärmegenossenschaft (Boben Op Nahwärme eG).
Alle Erzeugungsanlagen und Speicher sind auf einer zentral gelegenen Konversionsfläche zwischen den drei Gemeinden angeordnet. Die Genossenschaft nutzt regional gewonnenes Knickholz als Hauptbrennstoff, ergänzt durch die Verwendung von Pellets und eine Kraft-Wärme-Kopplungsanlage.
Zukünftig soll saisonal gespeicherte Sonnenwärme als Hauptenergiequelle eingesetzt werden. Eine Groß-Wärmepumpe übernimmt die Nacherhitzung und steigert die Effizienz weiter.
Mitgliedern, die noch nicht ans Netz angeschlossen wurden, werden Secondhand-Heizungen bereitgestellt
Wo finde ich weiterführende Informationen über Wärmegenossenschaften?
Hier finden Sie allgemeine Informationen über Wärmegenossenschaften:
Hier finden Sie Beratung und Vorlagen zur Gründung von Wärmegenossenschaften:
- Regionale Genossenschaftsverbände (inkl. verschiedener Tools wie z.B. GenoCanvas, GenoPlan, Satzungsgenerator)
- Das Bündnis Bürgerenergie (BBen) berät zur Gründung und Weiterentwicklung von Bürgerenergieprojekten auch in Kooperation mit Kommunen. Im Rahmen des Beratungsnetzwerkes ViBE bietet das BBen mit langjähriger Erfahrung und umfassender Fachkompetenz professionelle Unterstützung für Bürgerbeteiligung in der Energie- und Wärmewende an. Für ein kostenloses Erstgespräch können Sie direkt Kontakt aufnehmen unter beratung@vibe-beratung.de oder informieren Sie sich auf der Webseite über die Angebote.
- „HEAT it!“ – das Kooperationsprojekt von Klima-Bündnis und Bündnis Bürgerenergie – bietet kostenlos Instrumente, Hilfen und multiplizierbare Lösungen für die bürgernahe Wärmewende in kleineren Kommunen in Deutschland.
- Bundesgeschäftsstelle Energiegenossenschaften beim DGRV: Anlaufstelle insb. für politische Themen, ggf. Vernetzung mit bestehenden Nahwärmegenossenschaften
- Der Bürgerenergiefonds der IB.SH unterstützt Projekte in Schleswig-Holstein in der Startphase mit bis zu 200.000 Euro. Wichtig ist, die Zuwendung vor Beginn des Projektes zu beantragen. Weitere Voraussetzungen entnehmen Sie der Seite der IB.SH.
- bewirk - gemeinsam fürs Klima: Informationen und Netzwerk für Bürgerenergie in Schleswig-Holstein
- Der zuständige Prüfungsverband bietet Musterdokumente und Unterstützung bei der Gründung.
Quellen
Deutsche Energie-Agentur (Hrsg.) (dena, 2023): „Vernetzte Wärmeversorgung in Bestandsquartieren. Handlungsstrategien und Anwendungsfälle für die Initiierung, Planung und Umsetzung vor Ort“, unter: https://www.dena.de/infocenter/vernetzte-waermeversorgung-in-bestandsquartieren
Deutscher Genossenschafts- und Raiffeisenverband e.V. (DGRV) (o. J.): Genossenschaft (eG), unter: https://erneuerbare-energie-gemeinschaften.de/legislations/genossenschaft-eg/
bewirk - gemeinsam fürs Klima(2025): Grundlagen zur Gründung einer Energiegenossenschaft - Nahwärmenetz für die Nachbarschaft online, vom 14.07.2025. https://bewirk.sh/wp-content/uploads/2025/08/2025-07-14_Nahwaerme-bewirk_StadtKiel-online.pdf
Gesetz betreffend die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften (Genossenschaftsgesetz - GenG), https://www.gesetze-im-internet.de/geng/.
Wärmenetze errichten und betreiben
Erkunden Sie weitere Betreibermodelle und erfahren Sie mehr darüber, wie Sie in Ihrer Kommune Wärmenetze errichten und betreiben können.
